Entwicklung und Zulassung von Medikamenten
Pharmahersteller, die ein neues Medikament auf den Markt bringen wollen, müssen damit ein langes Prozedere durchlaufen.
Nach der Erforschung folgt ein Zulassungsverfahren, das in der Regel deutlich aufwändiger und länger als die
Entwicklung des Medikamentes ist. Verständlich, dass die Hersteller oft über diesen hohen Aufwand stöhnen.
Patienten können dafür beruhigt sein: Hat ein Medikament das Zulassungsverfahren einmal durchlaufen,
ist die Wirkung garantiert und das Auftreten riskanter Nebenwirkungen so gut wie ausgeschlossen.
Entwicklungsschritte für ein neues Medikament
- Mediziner, die eine bestimmte Erkrankung erforschen, um ein wirksames Medikament entwickeln zu können, suchen als erstes nach einem "Target". Das heißt, sie suchen nach einer bestimmten Stelle bzw. einem Prozess im menschlichen Organismus, welche für die Krankheitsentstehung eine bestimmte Rolle spielen. In den meisten Fällen sind es Enzyme oder Rezeptoren, die sich als Angriffspunkte für ein Medikament nutzen lassen.
- Ist das Target gefunden, werden mögliche Wirksubstanzen getestet und deren Wirkungsweisen – und Effekte überprüft. Dabei werden meist mehrere Hunderttausend verschiedene Stoffe in Labortests ausprobiert. Die Stoffe mit der nachweislich stärksten Wirkung werden "Hits" (Treffer) genannt.
- In einem nächsten Schritt wird die Wirkung der "Hits" durch chemische Verfahren optimiert, denn eine Substanz allein ist meist zu schwach, um in der erforderlichen Stärke auf organische Prozesse einzuwirken. Durch die chemische Weiterbehandlung einer Wirksubstanz entsteht dann der neue Wirkstoff, der an dieser Stelle Wirkstoffkandidat genannt wird. Dieser wird angemeldet und patentiert.
- Nun beginnt die Testphase. Vor dem eigentlichen Zulassungsverfahren wird der neue Wirkstoff bereits umfangreich getestet. Im Vordergrund steht die Frage nach der positiven Wirkungsweise, sowie die Austestung sämtlicher Risiken und Nebenwirkungen. Zu dieser Phase gehören Computersimulationen, Reagenzglasversuche und, wie allgemein bekannt, auch Tierversuche. Diese Phase nennt man auch präklinische Testphase.
Die genannten Forschungs- und Entwicklungsschritte nehmen in der Regel drei bis fünf Jahre in Anspruch.
Die vier Phasen des Zulassungsverfahrens
Phase 1:
In Phase 1 wird der neue Wirkstoff erstmals an Menschen untersucht, weshalb sie auch erste klinische Testphase genannt wird. Diese umfasst meist mehrere Testreihen, die an einer kleinen Gruppe von zumeist gesunden Testpersonen vorgenommen werden. Vor jeder Testreihe muss die Zustimmung einer entsprechenden Ethikkommission eingeholt werden. Mit der Anwendung geringer Wirkstoffmengen auf bis zu 80 Probanden wird geprüft, ob sich die Aussagen zur Wirkungsweise des Medikamentes bei Tieren auf den Menschen übertragen lassen.
An diese Stelle gehört eine wichtige Information für alle Skeptiker:
Von 5.000 bis 10.000 patentierten medizinischen Wirkstoffkandidaten überstehen nur knapp 5 die Phase eins.
In Phase 2 und 3 fliegen meist noch einmal drei bis vier weitere aus dem Rennen.
Die Erfolgsrate, dass ein neu entwickelter medizinischer Wirkstoff tatsächlich sämtliche Zulassungsphasen durchläuft,
sprich sich als wirksam und risikofrei herausstellt, liegt also in etwa bei eins zu zehntausend.
Phase 2:
Der Wirkstoff wird erstmals bei Patienten, die an der entsprechenden Krankheit leiden, angewendet. Dies geschieht in Krankenhäusern unter Aufsicht von Forschungsärzten. In der Regel werden zwischen 100 und 500 Patienten in diese Testphase einbezogen. Die entsprechenden werden auch mit einer Vergleichsgruppe durchgeführt, die unter denselben Bedingungen das bisherige Standardmedikament einnimmt.
Phase 3:
Ist Phase 2 erfolgreich verlaufen, kann nun eine größere Gruppe von Patienten in die Erprobung einbezogen werden.
An mehreren Tausend Patienten werden nun Wirkungsweise, Neben- und Wechselwirkungen und natürlich die Heilungserfolge genauestens dokumentiert.
Hat sich die therapeutische Wirkung bestätigt und konnten Nebenwirkungen nur in den angemessenen Grenzen nachgewiesen werden,
werden nun auch Risikogruppen wie Kinder, Schwangere oder gesundheitlich vorbelastete Patienten in die Testphase einbezogen.
Ausnahmen kann es allerdings bei lebensbedrohlichen Erkrankungen geben, wo das neue Medikament die letzte medizinische Option wäre.
Am Abschluss der Phase drei werden alle Testergebnis an eine internationale Expertenkommission übergeben,
die noch einmal die Daten aus allen drei Zulassungsphasen sowie den Herstellungsprozess selbst überprüft.
Mit einem positiven Urteil dieser Kommission kann der Hersteller einen Zulassungsantrag bei einer entsprechenden Behörde,
z.B. dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, stellen.
Nach positivem Bescheid geht das Medikament dann endgültig in die Produktion.
Zwischen der Patentierung des Medikaments vor der ersten präklinischen Testphase und der Zulassung vergehen in der Regel zehn bis zwölf Jahre.
Mit dem hohen Zeitaufwand sind außerdem auch sehr hohe Kosten verbunden.
Phase 4:
Nach der Zulassung wird die Forschung keinesfalls eingestellt. Die Wirkung an großen Patientengruppen muss aus verschiedenen Gründen weiter erforscht werden. So können sich z.B. therapeutische Effekte auch für andere Krankheiten ergeben, die eine erweiterte Zulassung nahe legen. Aber auch unerwünschte Nebeneffekte an einem geringen Prozentsatz von Patienten (weniger als 1 unter Tausend) können manchmal erst in dieser Phase erkannt werden. Entsprechende Warnungen bzw. Empfehlungen müssen an die Ärzte weiter geleitet werden.
Noch mehr Informationen zum Thema neue Medikamente und medizinische Forschung finden Sie auf den
Internetseiten des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller
http://www.die-forschenden-pharma-unternehmen.de/